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Gott sei Dunk

Wildeshausen. Delmenhorst. Sie haben in ihrer Laufbahn schon Väter von Mitspielern beerdigt, Teamkollegen getraut und deren Kinder getauft. Marc Weber und Lars Löwensen sind Pastoren. Und Basketballer aus Leidenschaft. Beim SC Wildeshausen haben sich die Wege der beiden Geistlichen im Mai 2013 gekreuzt. Seitdem laufen sie in der Bezirksoberliga als Center auf. Eine Geschichte über Stoßgebete vor dem Freiwurf, Spielanalysen im Seniorenkreis und die Gemeinsamkeiten zwischen Sport und Religion. Gott sei Dunk Foto: Ingo Möllers Und plötzlich fiel etwas vom Himmel, womit keiner der Konfirmanden gerechnet hatte: ein Basketball. Lars Löwensen lächelte zufrieden, erfreut über die verwunderten Blicke, die sich die Jugendlichen in ihren Bänken zuwarfen. Beherzten Schrittes ging der Pastor auf den trumpfenden Ball zu, nahm ihn auf und setzte den Gottesdienst in der Nordenhamer Martin-Luther-Kirche fort. Seine Frau hatte die orangefarbene Kugel von der Empore geworfen. „Es war eine gute Überleitung, um auf die Themen Teamarbeit und Zusammenhalt zu kommen“, erinnert sich der Geistliche, während er sich für das Training umzieht. Lars Löwensen ist nicht nur Pastor, sondern auch Basketballer. Seit seiner Versetzung im Jahr 2010 in die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Wildeshausen gehört der 42-Jährige dem Kader des SC Wildeshausen an. In wenigen Augenblicken beginnt die wöchentliche Übungseinheit. Marc Weber sitzt direkt neben seinem Teamkollegen auf der Holzbank und ist dabei, sich die Schuhe zu binden. Heute Abend hat er es ausnahmsweise pünktlich in die Sporthalle der Wallschule geschafft, oftmals gehen aber die beruflichen Verpflichtungen vor. Genau wie Löwensen ist der 36-Jährige ein Mann Gottes, ein katholischer allerdings, als Pastor in der Twistringer St.-Anna-Kirchengemeinde beheimatet. Im Mai dieses Jahres schloss er sich den Wildeshausern an. Eine Mannschaft, zwei Geistliche – „Das dürfte landesweit einmalig sein“, vermutet Lars Löwensen, „bei uns sind schließlich beide Konfessionen vertreten“. Und natürlich: Die Sprüche der Mitspieler kommen von ganz allein – und sie kommen regelmäßig. „Jetzt ist der göttliche Beistand endlich da“, heißt es etwa bei Erfolgen. „Könnt ihr nicht etwas mehr für uns beten“, bei Niederlagen. „Ich sage dann immer, das ist Doping, also nicht erlaubt“, scherzt Löwensen, genau wie Weber ein Mann mit Sinn für Humor. „Kurz vor den Freiwürfen“, gesteht der Katholik, „schicke ich schon manchmal ein Stoßgebet gen Himmel. Das hilft mir dabei, die Ruhe zu bewahren.“ In der Kabine geht es aber auch um ernsthafte Themen: „Bei meinem früheren Verein hat mich ein guter Freund und Mitspieler gefragt, ob ich seinen Vater beerdige“, erzählt Weber. In dieser Saison, die die erste in der Vereinsgeschichte des SC Wildeshausen in der Bezirksoberliga ist, haben beide Pastoren erst zwei Spiele absolviert. Mehr ließen Gottesdienste und Gemeindearbeit bisher nicht zu. Der exakt zwei Meter große Weber bringt es nach seinen Einsätzen auf acht Punkte. 1,98-Mann Löwensen hat elf markiert. Nicht selten kommt es vor, dass die Leistungen der beiden Prediger nach dem Wochenende zum Gesprächsthema in ihren Gemeinden werden. „Die Damen im Seniorenkreis verfolgen die Berichte aufmerksam“, sagt Löwensen, der in einem Pfarrhaus aufgewachsen ist. Während des Theologie-Studiums hat er seine Leidenschaft für Basketball entdeckt. Marc Weber spielt schon seit seinem zwölften Lebensjahr. Das gesteigerte Interesse an der Religion kam bei ihm also nach dem Sport. „Ich habe mich viel mit Philosophie und der Sinnfrage beschäftigt. Da war irgendwann klar, dass ich Pastor werden möchte“, erklärt er. Beide Geistlichen sehen es als ihre vorrangige Aufgabe, sich mit Menschen auf die Suche nach Antworten zu begeben. Ein Leitmotiv, das für Kirche und Sporthalle gleichermaßen gilt. „Genau wie in einem Gottesdienst kommen bei einem Basketballspiel Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Gesellschaft zusammen. Ohne Zusammenhalt geht es in beiden Fällen nicht“, betont Löwensen. Auch auf dem Platz vergisst der evangelische Gottesdiener, so beteuert er, das Gebot der Nächstenliebe nicht. Löwensen ist allerdings ehrlich genug, um zuzugeben, dass ihm das manchmal schwer fällt: „Ich habe nichts zu verschenken und bin während der Spiele ein Heißsporn.“ Hilfe bekommt er in solchen Fällen – wie sollte es auch anders sein? – von oben. „Gelegentlich muss ich den Herrn kurz anrufen, damit er mich die Fassung bewahren lässt“, räumt der Pastor ein. Mittlerweile sind Weber und Löwensen fertig umgezogen, sprich bereit für die Einheit. Beide tragen schwarze Trikots. Vor allem Löwensen sieht mit seinem weißen Kragen darunter aus, als könne er gleich ebenso gut auf eine Kanzel steigen. Das Gespräch mit den beiden Pastoren hat Zeit in Anspruch genommen. Mehr Zeit als Edward Brouwer gedacht hätte. „Jungs, wollt ihr heute noch etwas tun, oder nicht?“,fragt der Trainer, als er in die Kabine kommt. Draußen in der Halle ist der Rest des Teams mit dem Aufwärmen lange fertig. Eine schnelle letzte Frage an den Coach: Hat sich irgendetwas in der Mannschaft geändert, seitdem ihr zwei Männer Gottes angehören? Brouwer lacht. „Ob wir göttliche Unterstützung spüren?“, will er wissen und liefert sich seine Antwort selbst: „Ich will es mal so sagen: Wenn die beiden wirklich einen so guten Draht nach oben haben, hätten wir eigentlich schon öfter gewinnen müssen. Aber Spaß beiseite. Für mich sind Lars und Marc Sportler. Ihr Beruf spielt überhaupt keine Rolle.“ Quelle: www.weser-kurier.de – von Daniel Cottäus

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